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BMW Group
„Es gibt klare Verschiebungen zu den MINT-Bereichen“

Der Autobauer BMW bietet allein in Deutschland rund 1.200 jungen Menschen einen Ausbildungsplatz – und das in 30 verschiedenen Berufen. Hinzu kommen 18 duale Studiengänge, bei denen der Konzern mit mehreren Hochschulen kooperiert. Welchen Stellenwert hat die Ausbildung in einem Großkonzern? Wir trafen Christian Wand (Recruiter), Daniel Ortner (Leiter technische Ausbildung) und Victoria Suppes (duale Studentin), zum Gespräch.

Herr Wand, welchen Stellenwert hat die Ausbildung für Ihren Konzern? Wie würden Sie die aktuelle Situation beschreiben?

Christian Wand: Mittlerweile kann man tatsächlich auch im Bereich der Schüler*innen von einem „War for Talents“ sprechen, denn während vor einigen Jahren Schulabsolvent*innen noch fieberhaft nach einem freien Ausbildungsplatz suchen mussten, herrscht aktuell eher ein Mangel an Azubis. Für uns haben unsere Azubis schon immer einen sehr großen Stellenwert eingenommen, da sie die Zukunft unseres Unternehmens sichern und neue innovative Projekte umsetzen. Deshalb setzen wir seit Jahrzehnten auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung, um zukunftsorientiert Nachwuchskräfte für die Bedarfe der BMW Group zu qualifizieren. Die Berufsausbildung hat also schon immer einen hohen Stellenwert im Unternehmen eingenommen und unsere Ausbildungsabsolvent*innen sind nach Abschluss ihrer Ausbildung als Fachkräfte im Unternehmen sehr geschätzt.

Herr Ortner, Sie arbeiten als Ausbildungsleiter bei der BMW Group. Sie haben also schon einige Entwicklungen mitgemacht. Finden aktuell in der Ausbildung Verschiebungen aufgrund technologischer Entwicklungen wie E-Mobilität, Automatisierung oder Digitalisierung statt? Und fallls ja: Hat das Auswirkungen auf die Ausbildung?

Daniel Ortner: Auf jeden Fall. Das Ausbildungsportfolio hat sich mittlerweile sogar stark verändert. Während klassische kaufmännische Ausbildungsberufe kaum mehr angeboten werden, steigt die Zahl der MINT-Berufe, die auf Zukunftskompetenzfelder wie Digitalisierung ausgerichtet sind. An dieser Stelle nur mal ein paar Beispiele: Wir haben die Fachinformatik-Ausbildung mit verschiedenen Fachrichtungen wie Anwendungsentwicklung, Systemintegration oder digitale Vernetzung eingeführt, da unser Einstellbedarf in diesen Bereichen auch zukünftig steigen wird, so viel steht fest.
Wir bilden auch keine klassischen Elektroniker*innen mehr aus, sondern nur noch mit dem Schwerpunkt Automatisierungs- oder Betriebstechnik. Auch hier spielen immer mehr Digitalisierungsskills wie Programmieren eine Rolle, da beispielsweise unsere Hightech-Anlagen und Montagestraßen programmiert werden müssen. Unsere Kfz-Mechatroniker*innen lernen nun schon länger nur noch mit dem Schwerpunkt System- und Hochvolttechnik, damit sie für das Arbeiten an Elektro- oder Hybridfahrzeugen geschult sind. Dafür führen wir sogenannte „Blitz-Qualifizierungen“ durch.
Unsere dualen Studiengänge, um ein letztes Beispiel zu nennen, sind an den Zukunftskompetenzfeldern ausgerichtet worden, weshalb wir unter anderem Studiengänge wie künstliche Intelligenz, Industrie 4.0 oder Data Analytics eingeführt haben. Kurzum: Es gibt klare Verschiebungen zu den MINT-Bereichen.

Frau Suppes, Sie machen bei der BMW Group ein duales Studium zur Wirtschaftsinformatikerin mit einer Ausbildung zur Kauffrau für Digitalisierungsmanagement. Weshalb haben Sie sich damals für BMW als Ausbildungsbetrieb entschieden? Ist ein IT-Studium in einem Softwareunternehmen nicht naheliegender als in der Automobilbranche? Welche Einsatzgebiete im Bereich IT gibt es bei einem Automobilkonzern wie der BMW Group?

Victoria Suppes: Mir war schon immer klar, dass ich eines Tages bei der BMW Group arbeiten will. Nachdem ich wusste, dass ich mich sehr für die Themen Mathe, IT und Digitalisierung interessiere und das Stellenangebot gesehen habe, war mir klar, dass ich mich unbedingt bewerben will. Ich hatte zwar keinerlei Programmiererfahrung, aber die Lust, etwas Neues zu lernen. Ein großes Interesse für IT und Digitalisierung sind an der Stelle wichtiger, als bestimmte fachliche Vorkenntnisse.

Wo wurden Sie denn bislang schon eingesetzt?

Victoria Suppes: Neben einem IT-Projekt für die BMW Bank, bei dem Systeme und Prozesse neu gestaltet wurden, durfte ich einige Zeit in der Logistik verbringen. Hier habe ich sehr schnell viel Verantwortung bei der Digitalisierung der Transportkostenplanung übernehmen dürfen. In der Entwicklung lernte ich dann das Programmieren von Apps kennen. Um zu überprüfen, wie z.B. die App „Share Now“ aussieht und funktioniert, wird diese anhand von Testnavigationssystemen getestet. Auch das IT-Sicherheitsteam durfte ich kennenlernen. Es besteht aus einem eigenen Hacker-Team, das unsere Systeme auf ihre Sicherheit testet.
Bei BMW gibt es also für ITler*innen unglaublich viele Einsatzmöglichkeiten – von der klassischen Softwareentwicklung über Projekte im Bereich Industrie 4.0 bis zu Projekten in der IT-Security ist alles möglich. Das hat mich total überrascht und das sehe ich als Vorteil gegenüber klassischen IT-Unternehmen.

Herr Wand, worauf legen Sie bei den Schulabsolvent*innen in Bewerbungsgesprächen wert bzw. worauf achten Sie am meisten? Oder auch so gefragt: Wo haken Sie nach und wollen es ganz genau wissen?

Christian Wand: Grundsätzlich kommt es bei unseren Auswahlverfahren natürlich auf viele Kriterien an. Deshalb verwenden wir ein strukturiertes und objektives Auswahlverfahren, das für alle Bewerber*innen gleich ist. Wir prüfen dabei unter anderem Skills wie Kommunikations- und Teamfähigkeit.
Aufgrund der Übernahmegarantie, die wir unseren Azubis und dual Studierenden in den Werken bieten, ist uns die Passung der Kandidat*innen auf eine Stelle am wichtigsten. Denn nur, wenn die Bewerber*innen auf eine Stelle und zum Unternehmen passen, können sie langfristig in diesem Beruf glücklich werden und unserem Unternehmen lange erhalten bleiben. Deshalb achten wir in Bewerbungsgesprächen vor allem darauf, ob sich die Bewerber*innen über den Wunschberuf informiert haben und ob sie sich mit der BMW Group identifizieren können.
Außerdem haken wir nach, welche Ziele, Hobbys und Vorkenntnisse unsere Kandidat*innen haben. Um die fachliche Passung zu prüfen, reicht es mir beispielsweise nicht, wenn Bewerber*innen, die einen IT-Beruf ergreifen wollen, erzählen, dass man in diesem Beruf wohl irgendetwas mit Computern machen wird. Unser Anspruch ist es, diejenigen zu identifizieren, die mit großer Wahrscheinlichkeit glücklich in ihrem Beruf werden und das auch nach mehreren Jahren der Berufstätigkeit bleiben.

Herr Ortner, die BMW Group spricht eine Übernahmegarantie für seine Auszubildenden in den Werken aus. In Deutschland bricht mehr als jeder vierte Azubi seine Lehre ab. Schaffen Sie eine bessere Quote? Was machen Sie konkret, um Ausbildungsabbrüche zu verhindern?

Daniel Ortner: Mit Stolz kann ich behaupten, dass wir eine viel geringere Abbrecherquote haben. Sie liegt weit unter zehn Prozent. Wir bieten ein attraktives Ausbildungspaket mit super Zusatzleistungen, Extravergütungen, einer vergünstigten Automiete, Wohnheimen zu günstigen Konditionen, dann zahlreiche Teamworkshops und viele weitere Vorteile an. Diese Benefits wissen auch unsere Azubis zu schätzen – sowie die Tatsache, dass das Unternehmen vielfältige individuelle Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Wenn Azubis in Einzelfällen unglücklich in ihrem Beruf sind, bieten wir ihnen sogar an, ihren Ausbildungsberuf innerhalb des ersten Ausbildungsjahres zu wechseln. Das Wichtigste ist, dass unsere Azubis glücklich mit ihrer Berufswahl sind, denn nur dann können sie ihr Potenzial im Unternehmen entfalten.

Frau Suppes, wenn Sie Ihre Ausbildung bei der BMW Group beendet haben, werden Sie ja mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Unternehmen bleiben. Ist das Ihr Traum? Oder sagen Sie: Hauptsache, ich bekomme eine gute Ausbildung und danach sieht man weiter?

Victoria Suppes: Da meine Erwartungen an eine Ausbildung bei der BMW Group erfüllt wurden, war es von Anfang an mein Ziel, auch nach meinem Studium hier zu bleiben. Und die Übernahmegarantie bietet mir hier natürlich die größte Sicherheit. Aktuell bin ich bereits auf der Suche nach einer Übernahmestelle, die zu mir und meinen Interessen passt. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, in Zukunft an der Website-Entwicklung zu arbeiten, denn dort könnte ich neben meinen Programmierkenntnissen auch meine Kreativität einfließen lassen.

Herr Wand, was ändert sich für Sie bei der Ansprache von Schulabgänger*innen, wenn sich Ausbildungsangebote ändern? Ist es schwieriger geworden, die passenden Bewerberinnen und Bewerber zu finden?

Christian Wand: Die größte Herausforderung sehe ich aktuell – und das wird sich auch so schnell nicht mehr ändern – im MINT- und insbesondere im IT-Bereich, der Kollege hat es beschrieben. Gerade in diesen zukunftsrelevanten Bereichen reichen häufig Anzahl und Eignung der Kandidat*innen nicht aus. Es braucht mehr als Schulkenntnisse in Word oder Powerpoint, um einen IT-Beruf erlernen zu können. Natürlich verlangen wir von unseren Bewerber*innen nicht, dass sie bereits Programmieren können oder sich mit Data Analytics auskennen – jedoch sollte ein gewisses Verständnis oder Interesse vorhanden sein. Aus meiner Sicht sollten Schüler*innen bereits in der Schule auch schon mal mit Programmen wie Java oder C++ in Berührung kommen, um einschätzen zu können, ob sie sich einen IT-Beruf vorstellen können.
Berufsorientierung ist hier das A und O. Da wir wissen, dass dies natürlich nicht in allen Schulen abbildbar ist, bieten wir an, Schulen zu besuchen, um unsere Ausbildungsmöglichkeiten vorzustellen, aber auch Bewerbertrainings durchzuführen. Denn es ist wirklich wichtig, schon früh junge Leute mit einem Interesse für zukunftsrelevante Themen wie IT o.Ä. zu identifizieren. Deshalb sollten auch Eltern und Lehrer das Thema IT schon frühzeitig anteasern und den Kindern Möglichkeiten aufzeigen, wie sie anhand von Schülerpraktika oder Schulveranstaltungen herausfinden können, ob sie Interesse für dieses Thema haben. Ich kann allen Schüler*innen nur ans Herz legen: Schnuppert eine Woche in verschiedenste Berufsausbildungen hinein, um eure Stärken und Interessen kennenzulernen.

Frau Suppes, Herr Ortner, Herr Wand – vielen Dank für das Gespräch!

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